Ergänzende Untersuchungen (Immunscreening)

Neben den in den Mutterschafts-Richtlinien vorgesehenen Blutuntersuchungen, gibt es eine Reihe sinnvoller Ergänzungen, die vor oder nach Feststellung einer Schwangerschaft durchgeführt werden können. Es gibt einige wichtige Infektionen, die nicht Bestandteil dieser Untersuchungen sind. Folgende Informationen zur Bedeutung der Erkrankungen für die Schwangerschaft:

Cytomegalia infantum (Zytomegalie, Erreger: Zytomegalie-Virus oder Cytomegalovirus (CMV))
Das Cytomegalovirus ist die häufigste Ursache für eine angeborene Virusinfektion in Deutschland. Etwa 1% aller Neugeborenen in Deutschland kommen mit einer CMV-Infektion auf die Welt. Man nimmt an, dass etwa 10% der mit CMV infizierten Neugeborenen symptomatisch erkrankt sind (Frühgeburtlichkeit, Retardierung, Gelbsucht, Schädigungen des Zentralen Nervensystems, insbesondere von Gehör, Spracherwerb und Augen als Spätfolgen, Lethargie, Krämpfe Schädigung innerer Organe und der Blutbildung). Es gibt jährlich 700 geschädigte Neugeborene in Deutschland. Obwohl die unterschiedlichen Aspekte der Vorbeugung, Diagnostik und Therapie angeborener und unter der Geburt erworbener CMV-Infektionen sehr komplex sind, sind durch neue diagnostische Methoden günstige Voraussetzungen entstanden, um betroffene Schwangere und Neugeborene frühzeitig zu erkennen und zu therapieren.
Die Infektion der Mutter verläuft in 90% der Fälle stumm, d. h. ohne Symptome. Treten Symptome auf, so sind sie unspezifisch, ähnlich einer Grippe. Auch die Masse der Neugeborenen zeigt keine Auffälligkeiten. Auch Kinder ohne Symptome sind zu 5-12% von oben genannten Spätfolgen betroffen. Daher ist die Feststellung der Infektion nach der Geburt so wichtig, um frühzeitig Hörschäden zu erkennen.
Besonders Frauen, die im privaten Bereich kleine Kinder betreuen (Tagesmütter!), sollten sicher sein, einen Schutz gegen Cytomegalie zu haben. Bei Frauen, die in Einrichtungen wie Kindergärten oder Kinderkliniken arbeiten, werden bei der arbeitsmedizinischen Untersuchung auf alle relevanten Infektionskrankheiten untersucht. Der Urin von Kindern infizierter Mütter wird nach der Geburt untersucht. Wird bei der Blutkontrolle ein Schutz gegen CMV festgestellt, so ist die Wahrscheinlichkeit einer Re-Infektion mit kindlicher Infektion sehr gering.
Empfehlung: Vor oder zu Beginn der Schwangerschaft. Kontrollen bei fehlendem Schutz in der 20. und 30. Schwangerschaftswoche empfohlen.

Erythema infectiosum (Ringelröteln, Erreger: Parvovirus B 19)
Etwa 40% aller Frauen im gebärfähigen Alter haben keinen Schutz gegen Ringelröteln, die nichts mit den klassischen Röteln (Rubella) zu tun haben. Die Übertragung erfolgt über Tröpfcheninfektion und Blut. 60% der Infektionen verlaufen ohne Symptome. Meist treten nur unspezifische Symptome wie Schmerzen der kleinen Gelenke und Temperatuerhöhung auf. Der girlandenförmige Hautausschlag ist eher selten. Beim Kind führt die Infektion zu einer schweren Anämie (Blutarmut) durch Hemmung der kindlichen Blutbildung - meist zwischen der 13. und 20. Schwangerschaftswoche -, Fehlgeburt (Abort) und intrauterinem Fruchttod. Besonders Frauen, die im privaten Bereich kleine Kinder betreuen, sollten sicher sein, einen Schutz gegen Ringelröteln zu haben. Eine aktive Impfung ist in Entwicklung, passive Impfstoffe sind vorhanden. Frauen, die in Einrichtungen wie Kindergärten oder Kinderkliniken arbeiten, werden bei der arbeitsmedizinischen Untersuchung auf alle relevanten Infektionskrankheiten untersucht.
Empfehlung: Zu jedem Zeitpunkt vor oder zu Beginn einer Schwangerschaft bei unsicherer Immunität.

Toxoplasmose (Erreger: Toxoplasma gondii)
Der Erreger der Toxoplasmose befindet sich vor allem in rohem Fleisch, rohem und schlecht gewaschenem Salat und Gemüse, Gartenerde, Sand und im Katzenklo. Die Infektion äußert sich wie ein grippaler Infekt. Nur durch eine Blutentnahme lässt sich diese Infektion ausschließen. Die Erkrankung kann bei rechtzeitiger Diagnose mit Antibiotika behandelt werden.
Eine Toxoplasmose-Infektion in der Schwangerschaft (0,3% aller Schwangerschaften) kann zu Fehlgeburten, Totgeburten und kindlichen Schädigungen führen. Etwa 10% aller Kinder, die in der Gebärmutter infiziert wurden, haben schon zum Zeitpunkt der Geburt eine typische Toxoplasmose-Infektion. Diese Infektion verläuft gewöhnlich mit Beteiligung der Augen, Leber- und Milzvergrößerung, Gelbsucht, Lungenentzündung, Wasserkopf (Hydrozephalus), zerebralen Verkalkungen, Krämpfen, Hepatitis, Pneunomie, Myokarditis oder Gerinnungsstörungen. Einige dieser Kinder sterben innerhalb von einigen Tagen. Überlebende Kinder haben oft Gehirnschädigungen, Augenprobleme, epileptische Anfälle oder andere Symptome. Bis zu 90% aller infizierten Kinder erscheinen zum Zeitpunkt der Geburt gesund. Etwa 80-90% dieser Kinder entwickeln Monate bis Jahre nach der Geburt Augenprobleme, die zur Blindheit führen können. Bei etwa 10% treten Gehörschädigungen oder Entwicklungsverzögerungen auf.
Empfehlung: Vor oder zu Beginn der Schwangerschaft. Kontrollen bei fehlendem Schutz in der 20. und 30. Schwangerschaftswoche empfohlen.

Varicellen (Windpocken, Erreger: Varicella-Zoster-Virus)
Patientinnen, die zu Beginn einer Schwangerschaft nicht sicher sind, ob sie Windpocken hatten, sollten dies abklären lassen. Die Übertragung erfolgt durch eine Tröpfcheninfektion. Haben Schwangere ohne Schutz Kontakt zu einem erkrankten Kind, erhalten sie binnen 72 Stunden eine passive Impfung mit Antikörpern. Die aktive Impfung, die ebenfalls von der Kasse bezahlt wird, ist in der Schwangerschaft kontraindiziert. Daher sollte die Abklärung bereits vor der Schwangerschaft erfolgen. Patientinnen, die in ihrer Kindheit Windpocken hatten, können von einem lebenslangen Schutz ausgehen. Von der 8. bis zur 21. Schwangerschaftswoche kann eine Infektion zum seltenen so genannten Varicellen-Syndrom (1-2%) mit Unterentwicklung des Skeletts (Skeletthypoplasie), Augenfehlbildungen und Fehlbildungen des Zentralnervensystems führen. Danach ist die Infektion für das Kind ungefährlich, ebenso die nach durchgemachter Windpocken auftretende Gürtelrose (Herpes zoster), die in der gesamten Schwangerschaft unproblematisch ist. 5-6% aller Frauen im gebärfähigen Alter haben keinen Schutz gegen Windpocken. Besonders Frauen, die im privaten Bereich kleine Kinder betreuen, sollten sicher sein, einen Schutz gegen Windpocken zu haben. Bei Frauen, die in Einrichtungen wie Kindergärten oder Kinderkliniken arbeiten, werden bei der arbeitsmedizinischen Untersuchung auf alle relevanten Infektionskrankheiten untersucht.
Empfehlung: Zu jedem Zeitpunkt vor oder während einer Schwangerschaft bei unsicherer Immunität.


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